05.11.2015

Alter jüdischer Friedhof wiederhergestellt

Klosterkammer arbeitet Teil ihrer NS-Geschichte in Barsinghausen auf

Symbolische Öffnung für die Bevölkerung: Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, schloss im Beisein von Klosterkammerpräsident Hans-Christian Biallas und Bürgermeister Marc Lahmann die Pforte des Friedhofs auf (von links).
Foto: Klosterkammer/Jessica Lumme

Der Alte jüdische Friedhof in Barsinghausen ist wieder als Begräbnisstätte erkennbar. Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, öffnete den Friedhof offiziell für die Bevölkerung. Das Grundstück gehört dem Klosterkammerforstbetrieb.

Zur Eröffnung am 5. November 2015 betonte Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, die Wiedereröffnung sei ein großer Moment. „Ein Jude hat das Recht, auf Ewigkeit dort zu liegen, wo er bestattet wurde“, erklärte er. Nun sei der wunderschöne Friedhof wieder hergerichtet. Michael Fürst ergänzte, die neu aufgestellte Steinsammlung mit Fragmenten von Grabsteinen trage die hebräische Inschrift „Friede sei auf Eurem Totenlager“. Hans-Christian Biallas, Präsident der Klosterkammer Hannover, sagte, der Friedhof sei Teil der Geschichte der Klosterkammer. „Die Klosterkammer war nicht ganz unbeteiligt, dass der Friedhof geschlossen wurde“, so der Präsident. Er ergänzte, in einem nun unterzeichneten Vertrag bekomme der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen die Fläche unentgeltlich zur Nutzung zur Verfügung gestellt. Zum Schluss sprach Kantor André Sitnow das Totengebet „El male rachamim“. Anwesend bei der Veranstaltung waren unter anderem auch die Rektoren, Lehrkräfte sowie Schülerinnen und Schüler des Hannah-Arendt-Gymnasiums und der Goetheschule (KGS) Barsinghausen, die eine Patenschaft zur Pflege des Friedhofs übernommen haben.

Eine Frau und fünf Männer, darunter Klosterkammer-Präsident Hans-Christian Biallas, stehen auf dem alten jüdischen Friedhof in Barsinghausen.

Freuen sich über die Wiedereröffnung: Bürgermeister Marc Lahmann, Michael Fürst, Präsident des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, Klosterkammer-Präsident Hans-Christian Biallas, René Ehrhardt, Schulleiter der Goetheschule, Silvia Bethe, Kommissarische Schulleiterin des Hannah Arendt-Gymnasiums, und Kantor André Sitnow (v. l.).
Foto: Klosterkammer/Jessica Lumme

Das Areal am Deisterrand wurde erstmals um 1800 von der jüdischen Gemeinde in Barsinghausen als Friedhof genutzt. In einem Vertrag mit dem Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, vertreten durch die Klosterkammer, wurde der Synagogengemeinde Barsinghausen im Jahr 1888 das Recht zugestanden, die Fläche dauerhaft als Friedhof zu nutzen sowie einmalig zu erweitern. Im Mai 1907 erhielt die Synagogengemeinde diese Erweiterungsfläche, allerdings wurde zwei Jahre später der 890 Quadratmeter große Friedhof auf Anordnung des Kreisarztes wegen Gefährdung des Grundwassers geschlossen. Die letzte Beisetzung war im Jahr 1912. Am 10. November 1938 warfen Bürger Grabsteine um und zerstörten sie. Die Trümmer und die Umzäunung des Friedhofs wurden anschließend entfernt. Das Recht der Synagogengemeinde Barsinghausen, das Grundstück als Friedhof zu nutzen, ließ die Klosterkammer 1941 aus dem Grundbuch löschen. In den 1980er-Jahren wurden zwei Grabsteine wiederentdeckt, eine Inschrift auf einem Sockel erinnert seit 1982 an den Alten Jüdischen Friedhof. Dank der Forschungen des Historikers Dr. Peter Schulze wurden die Eigentumsverhältnisse geklärt und die Geschichte der Begräbnisstätte rekonstruiert. Die Grenzen der Fläche sind mittlerweile wieder sichtbar. In einem neuen Nutzungsvertrag mit dem Allgemeinen Hannoverschen Klosterfonds, vertreten durch den Klosterkammerforstbetrieb, hat nun der Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen das Recht, den Friedhof zu erhalten und für die Öffentlichkeit kenntlich zu machen. Neue Beisetzungen sind nicht möglich. (jl)

Eine Steinsammlung auf dem alten jüdischen Friedhof in Barsinghausen mit Inschrift: „Friede sei auf Eurem Totenlager“.

Steinsammlung mit Inschrift: „Friede sei auf Eurem Totenlager“
Foto: Klosterkammer/Jessica Lumme