19.09.2019

Mit Unterstützung zum Erfolg

1. Sinti-Verein Ostfriesland schafft mit Bildungsbegleitern ein Bindeglied zwischen Schule, Sinti-Familien und Behörden

Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern steht zusammen mit einer Bildungsbegleiterin vom 1. Sinti-Verein Ostfriesland e.V. auf einem Schulhof.

Bildungsbegleiterin Charmaine Wagner (rechts, Mitte) mit einer Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die sie betreut. Foto: 1. Sinti-Verein Ostfriesland e.V.

Hilfe zur Selbstorganisation ist das Ziel des Sinti-Vereins mit Sitz in Leer, einem regionalen Zentrum der Sinti in Ostfriesland. Ein Schwerpunkt ist, schulische Leistung zu fördern. Die Klosterkammer fördert das Projekt „Bildungsbegleiter aktiv“ über zwei Jahre mit 36.645 Euro.

Es ist ein bekanntes Problem in Deutschland: Kinder haben es nicht leicht, einen höheren Bildungsgrad als ihre Eltern zu erreichen, denn schulische Erfolge hängen stark von den Bedingungen und Fördermöglichkeiten im Elternhaus ab. In besonderem Maße sind davon Kinder betroffen, deren Eltern keinen Schulabschluss oder keine Berufsausbildung haben und folglich oftmals auf staatliche Transferleistungen angewiesen sind. Sie können ihren Kindern kaum zeigen, welche Möglichkeiten zur Entwicklung außerhalb des familiären Zusammenhangs bestehen.

In Leer, einem Zentrum von Sinti-Familien in Ostfriesland, hat sich 2015 der 1. Sinti-Verein Ostfriesland gegründet, der an dieser Stelle ansetzen möchte. Denn viele junge Sinti besuchen Haupt- und Förderschulen und haben Schwierigkeiten, einen Schulabschluss zu erreichen. Mit dem Projekt „Bildungsbegleiter aktiv“ soll ein Netzwerk zwischen Eltern, Schülern und Behörden entstehen. Eine verbesserte Kommunikation soll zum Lernerfolg für Schülerinnen und Schüler und damit zu besseren Zukunftsaussichten führen. In dem zweijährigen Projekt wird eine Koordinierungsstelle eingerichtet, die vier qualifizierte Bildungsbegleiter und Bildungsbegleiterinnen beschäftigt.

„Das Besondere an dem Projekt ist, dass es auf zwei Ebenen wirksam wird: Sinti, die sich erfolgreich zu Bildungsbegleitern qualifizieren lassen haben, helfen Schülerinnen und Schülern ihrer Ethnie als Ansprechpartner und sind Bindeglied zwischen Eltern, Schülern und Lehrern“, sagt Bastian Pielczyk, zuständiger Dezernent in der Förderabteilung der Klosterkammer. Als Bildungsbegleiter erhalten die Qualifizierten eine Vergütung und sind zugleich Vorbilder dafür, wie Bildung Wege in die Beschäftigung eröffnet.

Die Vereinsvorsitzenden Michael Wagner und Ingo Lindemann sind sehr zufrieden mit dem großen Interesse an dem Projekt: Schon für die Qualifizierung zum Bildungsbegleiter haben sie viele Bewerbungen erhalten – und jetzt, da die Schulen merken, dass das Konzept funktioniert, kommt von dort die Nachfrage. „Der Einsatz von Bildungsbegleitern hat zum Beispiel dazu geführt, dass die betreuten Schüler deutlich seltener im Unterricht fehlen“, sagt Ingo Lindemann.

Bildungsbegleiterin Charmaine Wagner berichtet aus ihrem Arbeitsalltag, dass auch der regelmäßige Austausch mit den Schulsozialarbeitern wichtig ist. Wenn sich einzelne Schülerinnen oder Schüler in der Klasse regelmäßig stören oder nicht zum Unterricht erscheinen, sprechen die Begleiter sie an und suchen das Gespräch mit den Eltern. „Ein Schüler der 5. Klasse einer Hauptschule hatte bereits zwei Suspendierungen in einem Halbjahr hinter sich und hielt sich immer noch nicht an die Regeln. Ich habe erst mit ihm gesprochen und ihm die Konsequenzen beschrieben, die sein Verhalten bald haben könnte. Dann habe ich mit seinen Eltern gesprochen“, beschreibt Charmaine Wagner ihr Vorgehen. Die Kinder und Jugendlichen kennen sie, treffen sie regelmäßig auf dem Schulhof. Die junge Frau sagt: „Nach meinen bisherigen Erfahrungen habe ich in den meisten Fällen gute Erfolge, da ich ein verständnisvolles Verhältnis zu den meisten Eltern und Schülern aufbauen konnte.“

Die Qualifizierung zu Bildungsbegleitern hat 2017 in Zusammenarbeit mit der Volkshochschule Leer stattgefunden. Sie wurde von der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung und Zukunft“ gefördert und vom Jobcenter Leer unterstützt. Das daran anschließende zweijährige Projekt „Bildungsbegleiter aktiv“ fördert die Klosterkammer mit insgesamt 36.645 Euro. (lah)